Rund um den See

Der Einwohnerzahl nach ist das Burgenland bundesweit zwar Schlusslicht, aber in der Verwaltung spielt es durchaus vorne mit. Immerhin gibt es für die knapp 300.000 Einwohner sieben politische Bezirke und zwei Statutarstädte – und damit mehr als doppelt so viel wie im Ländle und auch mehr Bezirke wie das deutlich größere Salzburg. Und das Land rund um den Neusiedler See hat gleichviel Verwaltungseinheiten wie das dreimal so große Tirol. Bei den Summits der Bezirke ist das Burgenland aber nicht mit Tirol vergleichbar.

Schaut man sich das Burgenland auf der Karte an, hat man das Gefühl, es zerfällt in zwei Teile – an der dünnsten Stelle ist das Land nicht einmal vier Kilometer breit. Der obere Teil ist dominiert von einem See. Der Neusiedler See (ungarisch Fertő tó, fertő bedeutet wörtlich „Sumpf“) ist einer der wenigen Steppenseen in Europa und der größte abflusslose See in Mitteleuropa. Von den 320 Quadratkilometern sind 180 Schilfgürtel, der Großteil des Sees, nämlich 230 Quadratkilometer liegen in Österreich, das südliche Ende liegt auf ungarischem Staatsgebiet. Der See und die gleichnamige Stadt haben auch einem Bezirk den Namen gegeben. Der Bezirk „Neusiedl am See“ ist der größte Bezirk im Burgenland und hat mit knapp 60.000 auch die meisten Einwohner. Und in diesem Bezirk, genauer gesagt in der Gemeinde Apetlon, ist auch der tiefste Punkt Österreichs, man ist dort lediglich 114 Meter höher als im Hafen von Triest. Der höchste Punkt in diesem Bezirk liegt auf der anderen Seite des Sees in Winden am See. Dort, im Leitha-Gebirge, liegt der Zeilerberg (302 Meter). Aber Achtung: Der Berg ist im Truppenübungsplatzes Bruckneudorf und das Betreten daher nur sehr eingeschränkt möglich. Vor dem Aufstieg sollte man sich unbedingt informieren, ob an diesem Tag scharf geschossen wird.

Am besten parkt man das Auto beim Ludl-Loch oder der Bärenhöhle und beginnt die Besteigung mit einem Höhlengang, geht also quasi in den Zeilerberg. In der Bärenhöhle wurden übrigens Anfang des 20. Jahrhunderts Knochen von Höhlenbären und anderen eiszeitlichen Tieren entdeckt.  Etwa zehn Minuten oberhalb liegt dann der Gipfel des Zeilerberges, den man, wenn nicht scharf geschossen wird, auch besteigen kann. Von oben hat man eine herrliche Aussicht – es liegt einem der Neusiedler See zu Füßen …

… und die kleinste Staturstadt

Rust ist mit nicht einmal 2000 Einwohnern die kleinste Statutarstadt Österreichs. Im Jahre 1649 kauften sich die Bürger von der Herrschaftsuntertänigkeit frei, die Stadt bezahlte dafür 60.000 Goldgulden und 500 Eimer besten Weines an die Habsburger. Am 3. Dezember 1681 erhielt Rust von Kaiser Leopold I. den Titel königliche Freistadt. Da die Stadt am Neusiedler See bereits vor dem Anschluss des Burgenlandes an Österreich im Jahr 1921 – damals halt ungarische – Freistadt war, wurde es Statutarstadt und ist seitdem der kleinste Verwaltungsbezirk Österreichs. Bekannt ist Rust vor allem als Stadt der Störche und als Weinbaugemeinde. Berge sucht man dort vergebens, der höchste Punkt liegt auf dem Hang in Richtung St. Margarethen.

Unterwegs im Leithagebirge

Nur zehn Kilometer von Rust entfernt liegt die zweite Statutarstadt des Burgenlandes. Die Landeshauptstadt Eisenstadt suchte um ein Jahr früher (1648) um die Ehre der „Freistadt“ an und zahlte lediglich 6000 Gulden, dafür lieferten sie deutlich mehr Wein ab (3000 Eimer).  Die kleinste Landeshauptstadt der Republik ist eng dem Geschlecht der Esterhazys verbunden. Baron, später Graf Nikolaus Esterházy de Galantha (1533–1604) legte den Grundstein für die Erfolgsgeschichte dieser ungarischen Adelsfamilie. 1622 erhielt er vom Kaiser die Herrschaft Forchtenstein samt Grafentitel und die Herrschaft Eisenstadt, die beide bis heute im Besitz der Familie geblieben sind. 1687 wurde sein Sohn Paul Esterházy in den Fürstenstand erhoben. Die Familie Esterházy entwickelte sich bald zu einer der reichsten Adelsfamilien Mitteleuropas und hatte zahlreiche Schlösser. Sie entschied sich für Eisenstadt als fürstlichen Hauptsitz, baute die alte Wehrburg zu einem repräsentativen Schloss um und pflegte eine sehr aufwändige, eindrucksvolle Hofhaltung. Durch die Bestellung von Joseph Haydn zum fürstlichen Hofkapellmeister 1767 gingen die Esterhazys auch in die Musikgeschichte ein.

Gleich hinter dem Schloss beginnt der Park und der geht nahtlos in das Leithagebirge über. Der höchste Berg des Leithagebirges und auch gleichzeitig die höchste Erhebung im Bezirk Eisenstadt-Umgebung ist der Sonnenberg (484 Meter). Am Gipfel diese Waldhügels befindet sich die Sonnenbergwarte, ein in der Zeit des Kalten Krieges errichteter Grenzwachturm, der nach dem Fall des Eisernen Vorhangs hierhergebracht wurde. Heute ermöglicht dieser 15 Meter hohe Metallturm einen Rundumblick, bei schönem Wetter bis zum Wechsel und auf der anderen Seite liegt der See. Die Besteigung des Berges kann man ausgezeichnet koppeln: Einerseits mit dem Erreichen des höchsten Punktes der Statutarstadt Eisenstadt und andererseits mit Kultur. Dazu empfiehlt es sich nach Eisenstadt zu fahren und bei der Gloriette – sie ist natürlich etwas kleiner wie die Kaiserliche in Schönbrunn, aber auch ein barockes Meisterwerk – in den Wald zu gehen. Und fast alle Wege führen von dort zur Wegkreuzung „Beim Juden“, die höchste Erhebung in Eisenstadt. Nicht weit davon entfernt ist dann auch der Sonnenberg. Es ist aber vermutlich nicht jedermanns Sache, dort auf den historischen Wachturm für den Eisernen Vorhang zu steigen Die Leiter ist steil, der Aufgang eng und lediglich sechs Personen dürfen gleichzeitig oben sein – und für den einen oder anderen mag es eine Grenzerfahrung sein. Aber das Leben mit Grenzen ist man im Burgenland gewohnt … doch das ist eine andere Geschichte.

  1. Es war zwar das Wetter an diesem Burgenlandtag nicht ideal, aber man konnte erahnen, wie großartig die Aussicht am Zeilerberg sein kann.
  2. Noch schlechter war das Wetter in Rust. Der höchste Punkt liegt unweit des Familyparks – ist aber weit nicht so spektakulär wie dieser.
  3. Mitten im Wald ist die Wegkreuzung „Beim Juden“ – ein Praterstein des Leithagebirges.
  4. und 5. Und der Höhepunkt des Leithagebirges ist der Sonnenberg. Auf seinem Gipfel steht ein historischer Grenzturm aus den Zeiten des Kalten Krieges. Von oben hat man einen herrlichen Rundumblick

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